Siegerprojekte 2023

Biozentrum der Universität Basel

LichtKunstLicht und Basel, das scheint eine grenzüberschreitende Leidenschaft zu sein. Nicht das erste Mal gewinnen die Licht­ge­stalter und Lichtplaner aus Bonn und Berlin einen Prix Lumières. Andreas Schulz mit Tanja Baum und Benjamin Dorff und ihrem Team waren für die Umsetzung der Beleuchtung im Biozentrum der Universität Basel verantwort­lich.

Gleichwohl der Bau für Forschung und Lehre errichtet wurde, ist er weit mehr als ein reines Lehrgebäude, vielmehr betreten wir einen Tempel der Bildung und Inno­vation. Folgerichtig haben die Architekten Andreas Ilg und Marcel Santer aus Zürich zusammen mit Licht Kunst Licht für das Gebäude die funktionale und sehr form­schöne Leuchte Torus gestaltet. Die wird von der in Basel ansässigen Firma Regent produziert und kommt im Biozentrum erstmals zur charakteristischen Anwen­dung. Die Leuchte verbindet das klare transparente Volumen mit vorzüglichen technischen Eigenschaften zur direkten und indirekten Beleuchtung, die unab­hängig voneinander steuerbar sind und daher verschiedene funktionale und individuelle Einstellungen ermöglichen.

Das offene und aufwendig gestaltete Foyer mit dem strengen Raster der weit geöffneten Fassaden erzeugt Ein- und Durchsichten über mehrere Etagen. Seine Lebendigkeit resultiert aus dem Spiel der weissen Stuckaturen mit dem Tages- und Kunstlicht. Dabei unterstützt das Kunst­licht mit einer Kombination aus diffusen und direkt strahlenden Komponenten, um verschiedene Funktionen und Stimm­ungen zu ermöglichen. Dieses Konzept und seine technische und gestalterische Umsetzung hilft dem Foyer eine Gross­zügigkeit zu atmen ohne akzentuierte Ausleuchtungen dafür aufzugeben. 900 Studierende und 400 Forschende finden in dem 19-stöckigen High-Tech Bau Hörsäle, eine Bibliothek, innovative Unterrichts- und Seminarräume, ambitio­nierte Forschungsinfrastrukturen, Büro­räume und eine öffentlich zugängliche Cafeteria. All diese verschiedenen Nutz­ungen sind mit einer Beleuchtung ausge­stattet, welche die jeweiligen Funktionen in verschiedenen Szenarien durch die jeweilige Steuerung und das Spiel der Komponenten unterstützt. In den Arbeits­räumen der Forschenden und den Laboratorien besticht das Beleuchtungs­konzept durch seine Flexibilität: individuelle Steuerungen und damit Anpassungsfähigkeit an die Raumnutzung sowie ausgeprägte Funktionalität gehen hier Hand in Hand.

Das Beleuchtungskonzept und seine Ausführung haben die Jury insbesondere dadurch überzeugt, dass Licht und Architektur in einem derart vielschichtig genutzten Bau nahezu überall eine ästhetisch und technisch überzeugende Einheit bilden, wie wir sie selten vor­finden. Dafür gebührt der Arbeit der Lichtgestalterinnen und Lichtgestalter von Licht Kunst Licht einer von dreien Prix Lumière.

Pont de Chauderon – Une traversée, Lausanne

Dieser zunächst unscheinbare Bau im Herzen von Lausanne wurde im Zusammenhang mit der Restau­rierung eines denkmalgeschützten Kunstwerks restauriert. Es handelt sich um eine der zahlreichen vertikalen Verbindungen, die dem Stadtbild entsprechen. Nachts wirken sie als Orientierungs­punkte auf der Ebene des Viertels und der Stadt. Eine besondere Beleuchtung unterstreicht ihre Sichtbarkeit.

Das Projekt ist eine eigentliche Fuss­gängerverbindung zwischen zwei verschiedenen Niveaus; sie soll die Bewegung innerhalb der besonderen Morphologie von Lausanne erleichtern. Die über Treppenstufen erschlossene Unterführung ist durch räumliche und lichttechnische Sequenzen rhythmisiert, die künstliches und natürliches Licht aus den Durchbrüchen nach aussen kombi­nieren. Der Weg im Inneren wird über differenzierte Ebenen und Lichteffekten geführt.

Die Lichtempfindungen beim Hinauf- und Hinuntergehen sind unterschiedlich. Bei Einbruch der Dunkelheit begleitet ein beruhigendes, warmes Licht den Fuss­gänger. Die Beleuchtung ist kaum wahr­nehm­bar und erhellt den Ort gleichwohl, indem die Oberflächen und Materialien sanft angestrahlt werden. Der Übergang zwischen dem Strassenraum und dem Inneren des Bauwerks erfolgt durch eine diskrete Beleuchtung der Schwellen.

Insgesamt wurde das Lichtprojekt mithilfe von drei Arten von Lichtquellen gelöst. Angesichts der Bedeutung des Bauwerks für das kulturelle Erbe der Stadt wurde der Integration des Lichts in die Architek­tur besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Kleine Scheinwerfer, die an der Fassade eines der angrenzenden Gebäude und an zwei Masten angebracht sind, beleuchten den oberen und unteren Zugang.

Wallwasher, Wallgrazer, heben die restaurierten vertikalen Oberflächen in ihrem ursprünglichen Zustand hervor und erzeugen gleichzeitig eine allgemeine Beleuchtung der Plattformen und Podeste. Schliesslich beleuchten linear ange­ord­nete LED die Unterseiten der Treppen indirekt.

Um auf die diskontinuierliche und variable Exposition von Tageslicht zu reagieren, sind die Leuchten in Dali und mit tages­licht­abhängigen Sensoren gesteuert. Das künstliche Licht variiert so im Laufe des Tages und der verschiedenen Jahres­zeiten.

Dieses Projekt verbindet Licht und Kunst auf subtile und zarte Weise. Von einer schwierigen und unsicheren Passage, die die Lausanner und vor allem die Lausannerinnen nach Einbruch der Dunkelheit mieden, verbindet nun eine angenehme und poetische zwei Teile der Stadt. Dieses Projekt von Lumière Electrique verwandelt mittels Kreativität einen Ort der Unsicherheit in einen der Austausch und Respekt symbolisiert und die Stadt Lausanne dazu anregt, diese Bemühungen fortzusetzen.

Beleuchtung Mühlesaal der Klosterinsel Rheinau

Wo bis Anfang des 18. Jahr­hunderts Getreide gelagert wurde, errichtete das Kloster Rheinau anstelle eines Mühlengebäudes den über zwei Geschosshöhen und 250m² grossen barocken Mühlesaal. Der war mit Zwischen­geschossen während seiner säkularisierten Phase bis ins Jahr 2000 Teil der kantonalen Heil- und Pflegeanstalt. Danach wurde das Areal inklusive des Mühlesaals als ein Herzstück des Ensembles aufwendig mit kantonalen Mitteln saniert. Mittlerweile beherbergt die Klosterinsel ein stiftungs­finanziertes Musikzentrum, Gastronomie, eine katholische Schwesternschaft und dient als Veranstaltungsort für Fest­lich­keiten und Seminare.

Der 7 Meter hohe Saal mit seinen mäch­tigen Fenstern und markanten Occuli stellt für jede lichtgestalterische Intervention eine Herausforderung dar. Seine schiere Grösse ist angesichts der verschiedenen Nutzungen für Konzerte, Hochzeits­bankette, Seminare, Geschäftsanlässe, Konferenzen und viele weitere Events Segen und Bürde zugleich. Der Licht­gestalter Michael Josef Heusi hat für diese Herausforderung eine gleichermassen poetische wie funktionale Lösung ge­funden, welche die Jury einhellig be­gei­sterte. Er hat 291 gläserne kopfgrosse Perlen gestaltet, die von der Luzerner Moos Licht AG zusammen mit der tschechischen Glasmanufaktur Ajetoglas als Sonderleuchten hergestellt wurden. Lediglich 100 Perlen sind mit Optik und Leuchtmitteln ausgestattet. Die mund­ge­blasenen Perlen sind Unikate mit einer irisierenden Oberfläche, die das Licht lebendig reflektiert. Das Zusammenspiel der leuchtenden und nicht leuchtenden Perlen erzeugt eine organische Erschei­nung und wirkt bisweilen wie ineinander fliessende Schwärme aus leuchtenden und nicht-leuchtenden Körpern. Gleichwohl beleuchtet die Dali-gesteuerte Anlage mithilfe von 10 vorprogrammierte Sze­narien die verschiedenen Nutzungen geradezu ideal – kommt hinzu, dass das Interface sehr einfach zu bedienen ist. Dramatische Schattigkeit für Konzerte und gesellschaftliche Anlässe sowie moderate Schattigkeit für Konferenzen sind ebenso möglich wie akzentuierte Einstellungen für Bankette. Die leuchtenden Perlen sind in Gruppen angeordnet, die sich gegen­seitig in der vertikalen und horizontalen durchdringen, dadurch werden sanfte Übergänge in der Dynamik des Lichts erzeugt, in der die einen Körper leuchten, während die andern das Licht an ihren irisierenden Oberflächen reflektieren.

Es wäre von etlichen technischen Finessen und gestalterisch-klugen Umsetzungen zu berichten, die in ihrer Gesamtheit ausser­ordentlich sind. Insgesamt überzeugte die Jury die Sinnlichkeit und Poesie des licht­gestalterischen und räumlichen Eingriffs von Michael Josef Heusi, weshalb dem Projekt einer von dreien Prix Lumière gehört.